Das Reizdarm-Syndrom

Das Reizdarm-Syndrom ist die häufigste Erkrankung des Magen-Darm-Traktes, die sehr oft von den Ärzten unterschätzt wird. Unter diesem Syndrom leiden etwa 10-15% der Bevölkerung, wobei Frauen zwei- bis dreimal so häufig betroffen sind wie Männer. Der Erkrankungsgipfel findet sich zwischen 30 und Mitte 40.

Typisch für das Reizdarm-Syndrom sind Bauchschmerzen oder Mißempfindungen, wobei mindestens zwei der folgenden Kriterien zusätzlich zutreffen müssen (sog. Rom-II-Kriterien):

– Die Stuhlentleerung bessert die Beschwerden
– Beginn der Beschwerden mit Änderung der Stuhlfrequenz
– Beginn der Beschwerden mit Änderung der Konsistenz des Stuhles über mindestens zwölf Wochen.

Daneben gibt es weitere Nebenkriterien, die die Diagnose erhärten können:

– Häufiger als dreimal pro Tag oder seltener als dreimal pro Woche kommt es zum Stuhlgang.
– Verstopfung oder Durchfall
– Gefühl der unvollständigen Stuhlentleerung
– Schleimabgang und Blähungen.

Die Diagnose Reizdarmsyndrom ist eine Ausschlußdiagnose, wenn bei immer wiederkehrenden Beschwerden trotz Einsatz von modernen Untersuchungsmethoden kein krankhafter Befund im Bauchbereich diagnostiziert werden konnte.

Wenn weiterhin keine Blutarmut vorliegt, kein sichtbares Blut dem Stuhl beigemengt ist, der Test auf verborgenes Blut im Stuhl negativ ist, keine Gewichtsabnahme, kein Fieber und keine nächtlichen Beschwerden vorliegen, dann liegt in über 98% der Fälle ein Reizdarm-Syndrom vor. Unbedingt ausgeschlossen werden müssen chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa und insbesondere ein Karzinom. Die sog. kollagene Colitis macht neben häufigen, wässrigen Durchfällen auch nächtliche Beschwerden. Sie lässt sich nur durch Gewebeproben, die im Rahmen einer Coloskopie entnommen werden, diagnostizieren. Auch die häufig vorkommende Sprue oder Zöliakie wird ebenfalls durch Gewebeproben aus dem oberen Verdauungstrakt diagnostiziert und muss unbedingt ausgeschlossen werden.

Die Schulmedizin fasst das Reizdarm-Syndrom als eine Funktionsstörung des Verdauungssystems auf, bei dem vermutet wird, dass die Verknüpfung des Magen-Darm-Systems und des zentralen Nervensystems gestört ist. Man nimmt auch an, dass der gestörte Stoffwechsel des Neurotransmitters Serotonin mitverantwortlich ist.

Einige Patienten entwickeln das Beschwerdebild nach einer Darminfektion mit Salmonellen, Yersinien, Camphylobacter etc. Diese Patienten beklagen überwiegend durchfällige Stühle. Wiederum andere Patienten mußten sich einem operativen Eingriff unterziehen oder wurden antibiotisch behandelt.

Patienten mit Reizdarm-Syndrom haben häufig eine sehr lange Odyssee von Arztbesuchen hinter sich. Spezialisten werden befragt – der Magen-Darm-Spezialist, der Ernährungsberater, aber auch der Psychotherapeut sollen die Beschwerden lindern. Es werden Entspannungstechniken vermittelt, krampflösende Medikamente kommen zum Einsatz, lösliche Ballaststoffe und Quellstoffe werden eingesetzt. Insbesondere indische Flohsamenschalen, die das vierzigfache ihres eigenen Gewichtes an Wasser binden können, sollen für ungestörte Verhältnisse sorgen. Das Führen eines Ernährungstagebuches soll weiterhin dazu anleiten, bewusster mit seinen Reizdarm-Problemen umzugehen. Gelegentlich bringt auch der Verzicht auf bestimmte blähende Speisen wie Zwiebeln und Hülsenfrüchte eine Besserung der Symptome.

Die Erfahrung von vielen Reizdarm-Patienten hat jedoch gezeigt, dass diese höchst unterschiedlich auf Nahrungsmittel reagieren. Sie selbst können diesen Zusammenhang auf leichte Weise selbst austesten.

Es gibt Lebensmittel, die von fast allen Menschen vertragen werden. Essen Sie versuchsweise für eine Woche folgendermaßen: Zum Frühstück mit Butter bestrichene Reiswaffeln oder Maisbrot. Dazu trinken Sie Kräutertee oder Wasser. Mittags essen Sie gekochtes Gemüse, wobei Sie Gemüsesorten bevorzugen sollten, die Sie üblicherweise selten essen. Weiterhin gibt es gekochte Kartoffeln, Reis, Mais oder Polenta (Maisgrieß). Dazu gibt es Rindfleisch, welches Sie in hochwertigem Pflanzenöl anbraten können oder durch Kochen zubereiten. Als einzige Gewürze sind Salz und weißer Pfeffer erlaubt, Butter ist der Geschmacksverstärker für das Gemüse. Die folgenden Lebensmittel sind ebenfalls unbedenklich, wie die Erfahrungen mit über 50.000 Testpersonen gezeigt haben: Blumenkohl, Aubergine, Schalotte, Karotte, Chinakohl, Römischer Salat, Rucola, Pfirsich, Mango, Rapsöl, Hering und Sardine. Zum Abendessen können Sie dann z. B. eine Kartoffel- oder Gemüsesuppe mit Maisbrot essen oder das Frühstück oder Mittagessen wiederholen. Essen Sie übliche Mengen, aber essen Sie sich satt!

Wenn Sie feststellen, dass Sie auf diese einfache Auslass-Diät positiv reagieren und ihre Bauchschmerzen gemildert bzw. schon verschwunden sind, ist die Durchführung eines speziellen Bluttestes sinnvoll. Bei diesem Such-Test werden drei sog. Testpools (Gemüse, Obst, Gewürze, Fleisch/Fisch, Käse, Getreide und sog. Grundbestandteile wie Gluten, Eiweiß, Hefe etc.) auf das Vorhandensein von IgG-Antikörpern getestet. Ergeben sich hier klare Hinweise auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten, ist eine weitere Testung sinnvoll. Auf der Basis dieses Befundes ist dann eine gezielte Ernährungsumstellung möglich, die dann oft zu einer raschen und anhaltenden Linderung führt.